Beckenbodentraining & -therapie

Beschwerden wie Harnverlust bei körperlichen Belastungen wie Husten, Tragen, Joggen, ein kaum zu unterdrückender Harndrang, zu häufiges Wasserlassen, chronische Verstopfungen oder Schmerzen im Beckenbereich sind weit verbreitet.

Jede dritte Person ist im Laufe des Lebens damit konfrontiert! Es wird kaum darüber gesprochen, dass auch viele junge Menschen davon betroffen sind. Probleme mit dem Beckenboden machen einen Menschen verletzlich. Der Leidensdruck ist oft erheblich, das soziale Leben wird beeinträchtigt und die Lebensqualität sinkt meist deutlich.

In den letzten Jahrzehnten wurde die Forschung über die Funktionsweise des Beckenbodens und dessen Bedeutung für unsere Gesundheit und unser Wohlergehen intensiviert.
Es wurde erkannt, was den Beckenboden in seiner Funktion unterstützt und wodurch er belastet und geschädigt wird. Typische Störungsbilder (Dysfunktionen) des Beckenbodens wurden beschrieben und unterschiedliche Therapieansätze in mehreren Studien überprüft.           

Das hat gezeigt, dass  eine Beckenbodentherapie mit einem individuell angepassten Beckenbodentrainingäußerst effektiv ist.In den wissenschaftlichen Leitlinien zur Behandlung der Belastungsinkontinenz wird die individuelle Beckenbodentherapie inzwischen als erste Wahl aller medizinisch- therapeutischen Maßnahmen empfohlen. Operationen können häufig vermieden werden!                     

Was ist ein Beckenbodentraining?   

In einem Beckenbodentraining erlernen Sie Übungen, die Ihren Beckenboden gezielt kräftigen. 

  • Es werden Schnellkraft, Kraft- Ausdauer, Maximalkraft, sanfte Kontraktionen und die Entspannungsfähigkeit des Beckenbodens in unterschiedlichen Ausgangsstellungen trainiert.
  • Auch werden Übungen erlernt, die den ganzen Körper miteinbeziehen, da der Beckenboden besonders im Zusammenspiel mit anderen Muskelgruppen aktiviert wird und stark von der Körperhaltung beeinflusst wird.
  • Es werden Alltagssituationen besprochen in denen der Beckenboden belastet wird bzw. entlastet werden kann.
  • Geübt wird das richtige Heben, Tragen, Aufstehen und Hinsetzen. Es werden Aufschubstrategien bei zu häufigen Harndrang erlernt, die Auswirkung von verschiedenen Sportarten wird thematisiert, Verhaltenstipps bei chronischen Blasenentzündungen und richtiges Toilettenverhalten werden vermittelt.
  • Sie erwerben Wissen  über Trainingslehre, Miktion und Verdauung, das neurologische Zusammenspiel von Gehirn und Blase, sexuelle Funktionsstörungen, Behandlung von Hämorrhoiden, spezielle Therapien bei Senkungsbeschwerden, die Anwendung von Hilfsmitteln wie z.B. Pessare und Möglichkeiten der Elektrotherapie. Es gibt viel Zeit für die Klärung persönlicher Fragen.
  • Ein Beckenbodentraining kann Einzeln oder in  einer Gruppe stattfinden.

Was ist eine Beckenbodentherapie?

Eine Beckenbodentherapie ergänzt das Beckenbodentraining und optimiert dieses.

Sollte bei Ihnen eine Operation geplant sein, ist es dennoch günstig, bereits vorher mit einem individuellen Beckenbodentraining zu beginnen.

Dies bietet folgende Vorteile:

  • Das Gewebe wird durch das Training kräftiger und ist dadurch besser durchblutet. Die Wundheilung wird begünstigt.
  • Das Erlernen einer differenzierten und bewussten Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur ist vor der Operation einfacher als nach dem operativen Eingriff, wo die Wunde, Schmerz und Schwellung die Wahrnehmung verändern.
  • Durch die Fähigkeit einer differenzierten Beckenbodenaktivierung (5%- 100% der Kraft, äußerste Muskelschicht- innerste Muskelschicht) kann bereits in der ersten postoperativen Woche mit sanften Übungen begonnen werden (5%-10% der Maximalkraft, Atemübungen). In jeder Phase der Heilung wird die Therapie angepasst. Dadurch muss nicht mehr 6 Wochen gewartet werden, bis mit der Therapie begonnen werden kann.
  • Es wird vermittelt, wie man den Beckenboden nach der Operation schonen kann, welche Aktivitäten in der jeweiligen Heilungsphase erlaubt sind und welche unbedingt vermieden werden müssen. Das verhindert Komplikationen und bringt Sicherheit.

Nach der Operation fördert eine gute Beckenbodentherapie einen optimalen Heilungsverlauf und gewährleistet eine nachhaltigere Wirkung der Operation.

FachärztInnen und speziell ausgebildete PhysiotherapeutInnen im Bereich Gynäkologie, Urologie und Proktologie wollen mit vermehrter Information das Thema Beckenboden gesellschaftlich enttabuisieren und teilen ihr Wissen in gemeinsamen Fachtagungen .

Die MKÖ (Medizinische Kontinenzgesellschaft Österreich) stellt auf ihrer Homepage Informationen zur Verfügung. http://www.inkontinenz.at/index.htm

Zum Glück zeigt dies Wirkung. Immer mehr Betroffene gehen das Thema aktiv an und nehmen früher Unterstützung in Anspruch.